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Fairtrade Deutschland News
18.02.2015

Statement zum ARD Radio Feature

Im Radio-Feature „Fair-Giftet“ werden Verstöße gegen die Fairtrade-Standards auf einer Teeplantage in Assam kritisiert.

Die genannte Farm beliefert nicht den deutschen Markt und wurde bereits vor Ausstrahlung  durch FLOCERT suspendiert. Sie muss nun Maßnahmen zur Verbesserung der Situation ergreifen.

Am 17.2. wurde ein ARD Radio-Feature mit dem Titel „Fair-Giftet“ ausgestrahlt. Die bereits erwartete kritische Auseinandersetzung mit dem Fairen Handel hat sich bestätigt.

Der Journalist kritisierte den Einsatz von gefährlichen Pestiziden, eine unsachgemäße Handhabung von Pestiziden, mangelnden Arbeitsbedingungen und Prämienmissbrauch auf der Fairtrade zertifizierten Teeplantage Phulbari. Diese Information leitete Transfair sofort an die Zertifizierungsgesellschaft FLOCERT weiter.

Nach FLOCERT Informationen begann bereits Anfang Dezember 2014 ein Audit auf der erwähnten Plantage. Dieses musste jedoch wegen der eskalierenden Gewalt durch Rebellengruppen in Assam unterbrochen werden. Bereits während dieses ersten Teils des Audits wurden Verstöße gegen die Fairtrade-Standards festgestellt. Im Januar wurde das Audit fortgesetzt. Zusätzlich wurde in einem unangekündigten Audit den konkreten Vorwürfen nachgegangen, die TransFair nach dem Interview eingereicht hatte. Die vier zu McLeod Russel India Limited gehörende Plantagen Phulbari, Harchurah, Borengajuli und Attareekhat, wurden aufgrund der Ergebnisse beider Audits mit sofortiger Wirkung suspendiert. Die Re-Zertifizierung ist erst wieder möglich, wenn Maßnahmen ergriffen wurden, um die Standards zukünftig zu erfüllen.

[Update vom 22.06.2015

[Die Suspendierung im Januar war mit Auflagen verbunden, die Mängel zu beheben. Trotz Bemühungen seitens Fairtrade International bzw. dem Beratungsdienst vor Ort wurden durch das Management keine ausreichenden Verbesserungen vorgewiesen. Ein weiteres Audit, das nochmals gezielt die Missstände untersuchte, fiel wieder negativ aus. Da seitens des Managements zu wenig Bewegung zu erkennen war, wurde McLeod Russel nun in letzter Konsequenz dezertifiziert. Wir bedauern, dass es zu wenig positive Bewegung auf den Teegärten gegeben hat, die die weitere Zertifizierung gerechtfertigt und damit Verbesserung für die Beschäftigten bedeutet hätte.]



Plantage produziert nicht für den deutschen Markt

Was im Feature unerwähnt bleibt, ist, dass die betreffende Plantage in Assam nicht für den deutschen Markt produziert. TransFair e.V. setzt sich für mehr Transparenz ein, beispielsweise durch den Fairtrade Code, der auf immer mehr Produkten mit dem Fairtrade-Siegel zu finden ist. Der Code zeigt, welche Kooperative oder welches Prämienkomitee auf einer Plantage von der Fairtrade-Prämie profitiert.


80 Prozent des in Deutschland verkauften Fairtrade-Tees sind bio

Fairtrade ist ein Sozialsiegel, das neben sozialen und ökonomischen Kriterien auch strenge Umweltkriterien im Standard verankert hat. Nicht überall erlauben die Gegebenheiten jedoch biologischen Anbau. Bio-Anbau grundsätzlich vorauszusetzen, um Mitglied der Fairtrade-Bewegung zu werden, würde viele Produzentenorganisationen von vorn herein von der Zertifizierung ausschließen. Unter Fairtrade-Bedingungen gibt es aber eine grundlegende und in den Standards verankerte Verpflichtung, den Pestizideinsatz  schrittweise  auf ein Mindestmaß zu reduzieren, und wenn der Einsatz von Pestiziden unvermeidbar ist, dann die am wenigsten giftigen in der geringstmöglichen Ausbringungsmenge anzuwenden. 

Außerdem fördert Fairtrade, durch die Zahlung eines Bio-Zuschlags, die Umstellung von konventionellem Anbau auf Bio-Anbau. In vielen Fällen wurde die Umstellung auf Bio-Anbau erst mittels Finanzierung durch Fairtrade-Prämiengelder ermöglicht. Tatsächlich ist eine Bio-Zertifizierung die wichtigste Zweit-Zertifizierung von Fairtrade-Produzentenorganisationen. 80 Prozent des in Deutschland verkauften Fairtrade-Tees sind auch Bio-zertifiziert.


Herausforderungen im Teeanbau

Uns ist durchaus bewusst, dass Teeanbau in Indien hochproblematisch ist. Dies bestätigten zuletzt Studien von Misereor (2014) und Oxfam  (2013). Der Mindestlohn wird häufig unterschritten. Löhne werden teilweise in Sachleistungen ausgezahlt, was die Selbstbestimmung weiter einschränkt. Schlechte Arbeitsbedingungen, Unterdrückung gewerkschaftlicher Organisation, mangelnde Gesundheitsversorgung, prekäre Anstellungsverhältnisse verschlechtern die Lage.  Nur durch gemeinsame Anstrengungen von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft wird sich die Situation von tausenden Beschäftigten im Teesektor ändern können. In einem gemeinsamen Projekt mit Oxfam, Ethical Tea Partnership und anderen Zertifizierern setzt sich Fairtrade dafür ein, die Löhne im Teesektor zu erhöhen.

Dass die in Indien geltende starke staatliche Reglementierung des Teesektors eine enorme Hürde für positive Wirkung von Fairtrade Indien ist, hat auch die CEval-Studie, die dem Fairen Handel in vielen anderen Produktbereichen positive Wirkung attestieren, für kritisch befunden.

Unter anderen die kritischen Ergebnisse der Ceval Studie (2012) haben dazu geführt, dass Fairtrade den Lohnarbeits-Standard grundlegend überarbeitet hat. Zusätzlich zur verpflichtenden Zahlung von nationalen Mindestlöhnen schreibt Fairtrade als erstes Zertifizierungssystem vor, dass Lohnarbeitsbetriebe jährlich nachzuweisende Schritte hin zu einem existenzsichernden Lohn durchführen müssen. In der Regel sind das Lohnsteigerungen über dem Inflationsniveau, um sich so schrittweise dem existenzsichernden Lohn anzunähern. Derzeit wird die Höhe der existenzsichernden Löhne für all jene Länder weltweit erhoben, in denen es Fairtrade-zertifizierte Lohnarbeitsbetriebe gibt. Die Umsetzung wird dauern, aber wir nehmen diese Herausforderung an.

Eine weitere Empfehlung verschiedener Studien lautet, die Fairtrade-Verkäufe zu steigern: Denn so können die staatlichen Regulierungen in Indien zum Mindestlohn umgangen werden und durch ein erhöhtes Prämieneinkommen mithilfe von Prämienprojekten größere positive Wirkungen erzielt werden.

 

Weiterführende Links

Pestizideinsatz unter Fairtrade-Bedingungen  (340 KB)
Fairtrade und Bio (250 KB)
News: Mehr Rechte für Arbeiter – der neue Hired Labour Standard

 

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