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Fairtrade Deutschland News
20.04.2016

Fashion-Revolution mit Fairtrade

Anlässlich der Fashion Revolution Week gibt Rossitza Krüger, Textilmanagerin bei Fairtrade International einen persönlichen Einblick in ihre Arbeit.

Am 24. April jährt sich das verherrende Unglück von Rana Plaza in Bangladesh bei dem 1.130 Fabrikarbeiter starben und 2.250 weitere verletzt wurden. Die Kampagne "Fashion Revolution" nimmt diesen Tag zum Anlass um auf die Arbeitsbedingungen in der Modeindustrie aufmerksam zu machen.

Fairtrade beschäftigt sich bereits seit der Einführung von Fairtrade-Baumwolle in 2005 mit der Frage, wie man den Fairtrade-Ansatz auf die gesamte Wertschöpfungskette von Textilien ausweiten kann. Im Frühjahr 2016 veröffentlichte Fairtrade den Textil-Standard und das -Programm, die gemeinsam einen umfassenden Ansatz zur Stärkung von Arbeiterinnen und Arbeitern und zur Verbesserung von Löhnen und Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie bieten. Rossitza Krüger, Textil-Managerin bei Fairtrade International war maßgeblich an der Erstellung des Standards und des Programms beteiligt. Im folgenden Blog gibt sie einen sehr persönlich Einblick in Ihre Arbeit.


Ich liebe Mode –  das gebe ich offen zu. Ich liebe es, schöne Kleidung zu kaufen, Outfits auszuwählen und natürlich auch, beim Blick in den Spiegel mein Lieblingsstück an mir zu sehen, bevor ich die Wohnung verlasse – so wie Menschen überall auf der Welt. Kleidung gibt uns ein gutes Gefühl und wir drücken durch sie unsere Persönlichkeit aus. Aber es gibt immer zwei Seiten einer Medaille und die Mode-Industrie ist hier keine Ausnahme.

Vor drei Jahren, am 24. April 2013, wurde der Welt schlagartig die dunkle Seite der Mode bewusst, als beim Einsturz von Rana Plaza in Bangladesh 1.130 Fabrikarbeiter starben und 2.250 weitere verletzt wurden. Es war das schlimmste Unglück in der Geschichte der modernen Bekleidungsindustrie. Die Auswirkungen waren weit über Asien hinaus spürbar und das Bewusstsein für die Probleme in der Mode-Industrie wuchs rapide. Trotzdem vergessen wir in unserer Jagd nach den neusten Trends und besten Schnäppchen leicht die unsichtbaren Flecken auf unserer Kleidung. Die Mode-Industrie ist nicht nur eine Industrie voller Kreativität, Leidenschaft und Inspiration, sondern auch eine Industrie die auf dem Rücken von Millionen Arbeitern aufgebaut ist, die unter unzureichendem Schutz, Menschenrechtsverletzungen und der Verwehrung ihrer Rechte leiden.

Ich kann diese bittere Realität nicht ignorieren, nicht nur weil ich die Nachrichten verfolge, sondern weil ich in meiner 20-jährigen Karriere als Textilspezialistin gesehen habe, unter welchen Umständen die Arbeiterinnen und Arbeiter zum Teil wirklich leben und arbeiten. Fairtrade arbeitet seit nunmehr über einem Jahrzehnt daran, diese Probleme anzugehen. Seit der Veröffentlichung des Standards für Fairtrade-Baumwolle in 2005 konnte die Organisation viel für Baumwollkleinbauern erreichen, und hat nachfolgend daran gearbeitet, den Fairtrade-Ansatz auf die gesamte Wertschöpfungskette auszuweiten.

Deshalb bin ich stolz, dass wir vor der diesjährigen Fashion Revolution Kampagne unseren neuen Fairtrade-Textilstandard und das Textilprogramm veröffentlichen konnten. So können wir erstmals etwas für jede Stufe der Lieferkette bewirken, von den Baumwollfeldern bis zur Fabrik bis zum fertigen T-Shirt. Der neue Fairtrade-Ansatz zielt darauf ab, die Arbeitsbedingungen, Löhne und Rechte von Textilarbeitern und Bauern auf allen Produktionsstufen zu verbessern. Er ist ein Ansatz, der über Einhaltung von Standards und Zertifizierung hinausgeht – er kombiniert einen strengen Standard mit einem Programm zur Unterstützung von Arbeitern und Fabriken bei der Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen. Der Fairtrade-Textilstandard ist der erste Standard mit einem festen Zeitrahmen zur Erreichung eines existenzsichernden Lohnes; Fabriken sind verpflichtet, diesen innerhalb von sechs Jahren zu erreichen. Um die Textilindustrie zu verändern ist es entscheidend, dass auch die Markenhersteller dazu gebracht werden, Verantwortung zu übernehmen. Aus diesem Grunde beinhaltet der Ansatz außerdem langfristig angelegte Verpflichtungen zwischen Marken und Lieferanten zu fairem Einkaufspraktiken. Der Fairtrade-Textilstandard und das Textilprogramm geben Unternehmen die Möglichkeit, positiven Wandel in der Bekleidungs- und Textilindustrie voranzutreiben. Der Fokus liegt hierbei auf der Stärkung der Position der Arbeiter bei der Verhandlung ihrer eigenen Arbeitsbedingungen und dem Schutz ihrer Rechte. Neben Fairtrade-Baumwolle ist der Standard auch offen für andere nachhaltige Textilfasern und kann somit eine noch größere Zahl an Arbeitern unterstützen.

Für mich persönlich steht das  Fairtrade Textilprogramm für den Kern der Fairtrade-Idee, er ist untrennbar vom Textilstandard. Wenn ich Fabriken in Indien oder anderen Ländern besuche, ist es offensichtlich, dass noch immer ein langer Weg vor uns liegt, um eine bedeutende und andauernde Veränderung für die Textilarbeiter zu erreichen. Es ist ein Geduldsspiel das Hingabe und Ausdauer benötigt. Aber es ist möglich etwas zu verändern, durch Trainings und das steigende Bewusstsein der Arbeiter für ihre Rechte. Das Programm hat das Ziel, eine umfassende Unterstützung vor Ort aufzubauen, dies beinhaltet Beratung und Trainings direkt in den Fabriken. Das Programm wird auch für Unternehmen offen sein, die noch nicht Teil des Fairtrade-Systems oder einer Fairtrade-Lieferkette sind, aber die Bedingungen in ihren Textilfabriken verbessern möchten.

Das Programm soll vor allem in den Bereichen zum Einsatz kommen, in denen es einer Verbesserung bedarf, wie beispielsweise Arbeitsschutz, Stärkung der Arbeiter, existenzsichernde Löhne, Effizienz und gesteigerte Produktivität. Unsere Experten werden Vorbewertungen der Fabriken durchführen, und darauf aufbauend Aktionspläne entwickeln, die gemeinsam mit den Fabriken erarbeitet werden. Die folgende Unterstützung und Betreuung erfolgt durch Fairtrade-Mitarbeiter, Gewerkschaften, Trainings-Zentren sowie durch externe Partner und Experten.

Starten werden wir in Indien und haben dort ein Team aus weiblichen und männlichen Experten zusammengestellt, die mit den Problemen der Textilindustrie vertraut sind, lokale Sprachen sprechen und die kulturellen Gegebenheiten kennen. Ohne diese Kenntnisse wäre es unmöglich, Probleme zu finden und zu identifizieren und dann für die einzelnen Fabriken und die jeweilige Arbeiterschaft die passende Lösung zu finden. Denn jede Fabrik ist anders.

Wie ich am Anfang sagte: ich liebe Mode, aber niemand sollte dafür leiden, dass ich schöne Kleidung tragen kann, insbesondere Kleidung, die eine düstere Geschichte erzählt. Darum haben wir bei Fairtrade dafür gekämpft einen Ansatz zu finden, diesem Leiden entgegenzuwirken. Gemeinsam mit vielen anderen Akteuren haben wir uns nach der Tragödie von Rana Plaza für fairere Bedingungen in der Modeindustrie eingesetzt. Dieses Unglück hat große Aufmerksamkeit der Medien und Verbraucher und das Versprechen zur Veränderung seitens der Kleidungsindustrie bewirkt: Aber was wir jetzt brauchen, sind Taten. Aus diesem Grunde bin ich überzeugt, dass Fairtrade zu einem Wandel in der Textillieferkette beitragen und die Fahne für die Stärkung der Arbeiter und ihrer Rechte hochhalten kann. Dafür arbeite ich und dafür stehe ich ein. Und ich bitte Sie das gleiche zu tun! Fairtrade bietet Unternehmen eine Lösung an, die Industrie zu verändern und Engagement für sozial gerechte Arbeitsbedingungen zu übernehmen und so die Situation der Arbeiterinnen und Arbeiter in ihren Lieferketten zu verbessern. Und deshalb lade ich Sie dazu ein mitzumachen und  sich an unserem neuen Textilstandard und Programm zu beteiligen. Auf diesem Wege müssen andere nicht so einen hohen Preis für unsere Schnäppchen bezahlen.


Dieser Blog erschien im Original auf Englisch im Fairtrade Partner Bereich des Guardian Sustainable Business (GSB) am 20. April: www.theguardian.com/sustainable-business/fairtrade-partner-zone/2016/apr/20/who-made-my-clothes-fairtrade-joins-the-fashion-revolution

Links zum Thema

 

 

Website der Kampagne "Fashion Revolution"

 

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