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Fairtrade Deutschland News
23.07.2021

Neuer Referenzpreis für existenzsichernde Einkommen im kolumbianischen Kaffeeanbau

Rund zwei Millionen Menschen leben in Kolumbien vom Kaffeeanbau. Viele sind wirtschaftlich in einer prekären Lage, denn die Kaffeepreise schwanken stark. Von einem existenzsichernden Einkommen sind sie daher weit entfernt. Um das zu ändern, hat Fairtrade auf der Basis neuer Berechnungen für existenzsichernde Einkommen im kolumbianischen Kaffeeanbau die dafür notwendige Höhe der Kaffeepreise ermittelt. Unternehmen haben die Möglichkeit, freiwillig mehr zu zahlen und Produzent*innen auf dem Weg zu einem existenzsichernden Einkommen zu unterstützen.

Kolumbien ist das erste Kaffeeanbauland, für das Fairtrade nun Referenzpreise ermittelt hat, sogenannte Fairtrade Living Income Reference Prices (kurz FLIRP). Bild: Christoph Köstlin/Fairtrade.

Kolumbien zählt zu den wichtigsten Kaffeeanbauländern der Welt – vor allem für Arabica-Bohnen. Da Kaffee am Weltmarkt gehandelt wird, sind Produzent*innen den Preisschwankungen oft schutzlos ausgeliefert.

Der Fairtrade-Mindestpreis, der sich auf die Deckung der Kosten einer nachhaltigen Produktion von Fairtrade-Kaffee bezieht, bietet ihnen diesbezüglich bereits mehr Sicherheit. Darüber hinaus ist ein „existenzsicherndes Einkommen“ so definiert, dass es nicht nur die „Kosten der nachhaltigen Produktion“ deckt, sondern auch Kosten für die Erfüllung der Grundbedürfnisse wie Lebensmittel, Bildung, Wohnraum oder medizinische Versorgung, und Kleinbäuerinnen und Kleinbauern Gestaltungsspielräume gibt: indem sie beispielsweise in Bildung investieren oder für Notlagen sparen können. Die Höhe eines solchen Einkommens variiert je nach Land und Region, je nach regional unterschiedlichen Lebenshaltungskosten, Anbauflächen und Produktivität; deshalb spielen diese Faktoren bei der Berechnung eines „existenzsichernden Einkommens“ eine entscheidende Rolle. Eine weitere Grundvoraussetzung ist wiederum die Ermittlung von Richtwerten für die Höhe des jeweiligen existenzsichernden Einkommens.

Kolumbien ist das erste Kaffeeanbauland, für das Fairtrade nun Referenzpreise ermittelt hat, sogenannte „Fairtrade Living Income Reference Prices“ (kurz „FLIRP“). Diese geben an, wie hoch der Rohstoffpreis für Kaffee sein müsste, um einer durchschnittlichen Kleinbauernfamilie mit einer bestimmten Landgröße und einer realistischen Erntemenge ein existenzsicherndes Einkommen zu ermöglichen.

Etwa 25 Prozent erhalten bereits existenzsicherndes Einkommen

In einer umfangreichen Untersuchung hat Fairtrade die Einkommensdaten und Ausgangssituation von 300 Haushalten in Kolumbien über ein Jahr lang erhoben, analysiert und mit den durchschnittlichen Lebenshaltungskosten der jeweiligen Region verglichen. Das Ergebnis: 26 Prozent der Befragten erzielten bereits ein sogenanntes existenzsicherndes Einkommen. Unter denjenigen, die Bio-Kaffee anbauen, war der Anteil mit 24 Prozent etwas geringer – dies liegt daran, dass der Biokaffee-Anbau innerhalb Kolumbiens in einer anderen Region mit anderen Vorbedingungen erfolgt. Damit alle Kaffeebäuerinnen und -bauern ein existenzsicherndes Einkommen erhalten, müssten die Rohkaffeepreise dauerhaft und stabil steigen. Für konventionellen Kaffee müssten Produzent*innen, die ihren Kaffee exportfertig verkaufen (FOB-Preis / free on board), demnach etwa 2,03 US-Dollar pro Pfund erhalten; für Bio-Kaffee 2,22 US-Dollar (US-Dollar/Pfund).

Berechnung erster Schritt – Pilotprojekte sollen folgen

In den vergangenen Jahren fiel der Weltmarktpreis für Kaffee immer wieder massiv. In solchen Situationen greift der Fairtrade-Mindestpreis als Sicherheitsnetz. Aktuell liegt der Fairtrade-Mindestpreis bei 1,40 US-Dollar pro Pfund; bei Bio-Kaffee sind es 1,70 US-Dollar. Hinzu kommt die Fairtrade-Prämie, ein finanzieller Aufschlag für Gemeinschaftsprojekte (20 Cents pro Pfund). Weder der Mindestpreis noch die Aufschläge sind verhandelbar. Allein im vergangenen Jahr erhielten Fairtrade-Produzent*innen so rund 30 Prozent mehr Geld für den von ihnen verkauften Fairtrade-Rohkaffee, als Produzent*innen ohne Fairtrade-Zertifizierung. Infolge der kürzlichen großen Frostschäden und nachfolgenden entsprechenden Ernteausfällen im wichtigsten Kaffee-Anbauland Brasilien ist der Marktpreis nicht nur für kolumbianischen Kaffee wieder deutlich gestiegen und liegt derzeit sogar über dem berechneten FLIRP. Doch die Erfahrung zeigt: Das kann sich schnell wieder ändern.

Damit Produzent*innen bessere Chancen auf ein existenzsicherndes Einkommen erhalten, auch wenn die Marktpreise niedrig sind, sollen Unternehmen künftig freiwillig mehr bezahlen. In Pilotprojekten können sie dazu beitragen, die Einkommenssituation der Produzent*innen zu verbessern. Gleichzeitig muss geschaut werden, wie sich die höheren Einnahmen der Familien verstetigen lassen. Dazu gehören je nach Ausgangssituation auch weitere Maßnahmen z.B. zur Erschließung weiterer Einkommensquellen oder einer höheren Wertschöpfung vor Ort. Ähnliche Projekte setzt Fairtrade bereits mit Partnern im Kakaosektor um.

Die Vorarbeiten für die Berechnung von Referenzpreisen wurden auch in weiteren Kaffeeanbauländern wie Indonesien, Uganda, Peru und Honduras gestartet.

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